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19.11.2020 - Spitex Verband Aargau

Interview mit Andrea Wirthlin Berufsbildnerin

Andrea Wirthlin ist seit 2019 Berufsbildnerin bei der Spitex Fricktal AG. Seit 2012 arbeitet sie bei dieser Spitex-Organisation.
Was gefällt dir in deiner Funktion? 

Meine Funktion als Berufsbildnerin ist eine sehr abwechslungsreiche Tätigkeit. Jeder Lernende ist eine individuelle Persönlichkeit. Wir begleiten und unterstützen Jugendliche in ihrer Grundausbildung wie auch Erwachsene, sei es in der Nachholbildung oder auch bei der Grundausbildung. Wir bilden uns laufend weiter und sind von der Berufsbildung her immer auf dem neusten Stand. Wir sind auch als Experten bei dem Qualifikationsverfahren tätig.

Was empfindest du als herausfordernd?

Wie schon erwähnt, jeder Lernende hat seinen eigenen Charakter und seine eigene Persönlichkeit. Somit hat auch jede Person ihre Stärken und Schwächen. Wir als Berufsbildner haben die Aufgabe, die Lernenden auf ihrem Weg zu begleiten und zu unterstützen. Die grosse Herausforderung dabei ist, dem Lernenden die Unterstützung dort zu bieten, wo er sie benötigt und zusammen nach einer geeigneten Lösung zu schauen. Es gibt so viele verschiedene Lerntypen, hier sensibilisiert hinzuschauen und zu fördern, ist die Herausforderung.

Kannst du kurz erläutern wie die Ausbildung bei euch aufgestellt ist? 

Die Ausbildung findet grundsätzlich in den drei Lernorten statt (Berufsschule, Überbetriebliche Kurse und im Lehrbetrieb). Die Grundbildung beinhaltet zwei Begleitungen monatlich durch die Berufsbildung. Bei der Nachholbildung findet diese einmal pro Monat statt.

Die Lernenden werden strukturiert auch von den Mitarbeitern auf ihren Kliententouren begleitet. Diese Begleitung ist gleich auch  die Tagesbezugsperson und somit die Ansprechsperson des Lernenden. Im Laufe des vergangenen Arbeitstages sollte die Tagesbezugsperson im Modelllehrgang des Lernenden eine kurze Rückmeldung dokumentieren. 

Der Modelllehrgang ist eine sehr wichtige Quelle für das Team, um über den Lernprozess auf informiert zu sein. Alle zwei Monate findet ein gemeinsamer Lerntreff statt. Dort wird gemeinsam mit allen Lernenden ein Thema aufgegriffen und bearbeitet.

Ebenso findet alle zwei Monate eine Lernoase für das individuelle Lernen statt. Hier wird Theorie und Wissen mit der Unterstützung einer Berufsbildnerin thematisiert und einzeln oder in der Gruppe erarbeitet. Beides ist für die Lernenden und Studierenden obligatorisch. Uns als Berufsbildungsteam ist es sehr wichtig, dass eine Transparenz zwischen Theorie und Praxis stattfindet, um den Entwicklungsprozess zu fördern.

Wo setzt du in der praktischen Berufsbildung Schwerpunkte?

  • Sozialkompetenz
  • Freude an der Arbeit mit Menschen  
  • Kritik- und Teamfähigkeit
  • Eigenes und selbständiges Denken und Handeln
  • Fähigkeit, sich selbst zu reflektieren
  • Empathie gegenüber dem Klienten

Was hat sich in den letzten Jahren verändert? 

Der Fokus liegt stark auf der Ausbildung. Heutzutage ist es ein Muss, sich ständig weiterzuentwickeln. Somit haben sich auch der Druck und die Erwartungen an das ausgebildete Personal erhöht.

Was wünschst du dir zukünftig für die Berufsbildung in der Spitex? 

Das wir als Berufsbildungsteam wie auch als Tagesbezugsperson individuell begleiten und unterstützen können. Ausbildung und Berufsbildung bedeuten auch Zeit. Zeit ist ein wichtiger Faktor; nur so können wir auf unsere Lernenden individuell eingehen und punktuell unterstützen und fördern.

Ausserdem wünsche ich mir, dass die Offenheit von unseren Klienten gegenüber männlichen Mitarbeitern wächst. Mir fällt auf, dass es in diesem Punkt immer wieder zu Diskussionen kommt, weil es doch einige Klienten gibt, die Mühe mit dem Gedanken haben, von einer männlichen Pflegefachkraft gepflegt zu werden.

Was würdest du einer jungen Person, die ins Gesundheitswesen einstiegen möchte, raten?

Ich würde jeder Person, ob jung oder schon erfahrener, raten: Ein paar Einblickstage in einer Pflegeinstitution zu sammeln, sei es in der ambulanten Pflege, im Spital oder in einem Alters- und Pflegeheim. Jede Sparte hat ihren eigenen Charakter. Wichtig finde ich auch: 

  • Sozialkompetenz
  • Offenheit
  • Mitfühlend aber auch sich abgrenzen können
  • keine Berührungsängste haben
  • Flexibilität

Wie sieht die erste Woche als FaGe Lernende bei euch aus?

In der Planung wird berücksichtigt, dass ein neuer Lernender seine Ausbildung antritt. Die Tagesbezugsperson wird eingeplant, damit eine entspannte, freundliche Atmosphäre für die Ankunft entsteht. Wir schauen, dass wir dem neuen Auszubildenden ein angenehmes Ambiente vermitteln können.

Bei der Ankunft wird der neue Lernende persönlich begrüsst und erhält sein Namensschild und die Arbeitstasche mit der Aufschrift „Spitex“. In der Arbeitstasche befinden sich Schreibutensilien für Notizen und ein Ordner mit den Richtlinien sowie den für den Anfang wichtigsten Standards. Aber auch ein Raster um seine Ausbildungsunterlagen, z. B. Unterlagen der Einarbeitung für die nächsten Tagen, Rückmeldung einer Begleitung, Reflektionen befinden sich in diesem Ordner.

Danach schaut man gemeinsam den Betrieb an, kommuniziert die Erwartungen für den ersten Tag und die erste Woche, stellt alle Mitarbeitenden vor, lernt das Tablet mit Perigon zu r Datenerfassung kennen, setzt gemeinsam Ziele und schaut zusammen den Ämtliplan an. Diese Ämtli werden beim ersten Mal auch zusammen ausgeführt. Schon bald kann der Lernende auf erste kleinere Kliententouren mitgehen. Auch für die Reflektion und Rückfragen soll genug Zeit bleiben.

Wie feiert ihr einen Lehrabschluss?

Ich habe es bis jetzt erlebt, dass wir nach einer Teamsitzung zusammen anstossen und ein kleiner Imbiss/ Apero geniessen. 

Als Zeichen der Wertschätzung für den Prüfungserfolg wird auch ein kleines Geschenk, wie ein Blumenstrauss und einer Gratulationskarte, übergeben.

Kannst du uns eine typische Lernbegleitung schildern?

Grundsätzlich sind wir bei einer Lernbegleitung mit unseren Lernenden in dem Standort unterwegs, an welchem der Lernende auch seine Ausbildung absolviert.

Meine Vorbereitung sieht folgendermassen aus:

- Einlesen der letzten Rückmeldung von Berufsbildnerinnen, Reflektion der Lernenden, Einträge Modelllehrgang

- Am Vorabend lese ich mich die einzelnen Klientenakten ein, die bei dem Lernenden auf dem Plan stehen.Da wir in 5 Standorten der Spitex zirkulieren, kennen wir nicht immer alle Klienten von den anderen Standorten.

- Ziele überprüfen.

- Am Morgen der Begleitung begrüsse ich meinen Lernenden und frage nach dem Wohlergehen. Ist das Wohlbefinden nicht zu 100% gewährleistet, kann der Lernende eventuell auch nicht eine 100%ige Leistung erbringen. 

- Für den Einstieg machen wir eine kurze Reflektion von der letzten Begleitung.

- Wir gehen die bevorstehende Tour durch und klären Fragen zu den einzelnen Klienten im Voraus.

Dann geht's auf die Tour. Bei der Autofahrt zwischen den einzelnen Klienten tauschen wir Feedbacks aus.

Anschliessend, zurück im Standort, machen wir meistens eine kurze Morgenpause. Danach geht jeder für sich an seinen Arbeitsplatz, ich schreibe meine Rückmeldung an den Lernenden, der Lernende seine Reflektionen mit den Punkten: 

- Welche Punkte gelangen mir heute gut.
- Was ist mir heute nicht gelungen und wieso?

Die Reflektion bezieht sich auf die Schwerpunkte unserer heutigen Ziele! Danach findet ein Gespräch mit der Teamleitung, dem Lernenden und mir statt. Hier werden die Reflektion und meine Rückmeldung zusammen besprochen und neue Ziele für die nächste Begleitung gesetzt. Wir möchten auch laufend über die geschriebenen Noten in der Berufsschule informiert werden. Das jeweilige Thema des Lernjournals bezieht sich auf eine Situation von der gemeinsamen Morgentour.

Offene Fragen werden noch geklärt, die Rückmeldung und die Reflektion werden im Ordner des Lernenden und digital bei uns abgelegt. Nun ist der Morgen meiner Begleitung vorbei, ich verabschiede mich vom Lernenden und dessen Team.

Welche Laufbahn/ Karriere ist bei euch möglich?

Bei uns gibt es verschiedene Ausbildungsmöglichkeiten:

  • AGS Assistent/ in Gesundheit und Soziales
  • FaGe Fachmann/ frau Gesundheit
  • Dipl. Pflegefachfrau/ Pflegefachfrau HF

Der Spitex Fricktal AG ist ein dass ein ständiges Weiterbildungsangebot wichtig.

 

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